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Ein Italiener in Böhmen

Zum 350. Geburtstag von Giovanni Battista Alliprandi

Foto: http://www.hradeckymkrajem.cz/osobnosti/giovanni-battista-alliprandi

In der Brünner Touristen-Information liegt eine Broschüre aus: Italiener in Brünn. Sie informiert über Architekten und Künstler, die in der mährischen Hauptstadt Bleibendes hinterließen, aber auch über Gefangene auf der Festung Spielberg wie Silvio Pellico.

Die Geschichte der italienischen Mönche und Adligen, Künstler und Schriftstellen in den böhmischen Ländern umfasst mehr als 1000 Jahre, seitdem der hl. Adalbert mit 40 Mönchen aus Rom im Jahre 993 das Kloster Břevnov bei Prag gründete. Namen wie Santini und Lurago, Belcredi, Colloredo und Bolzano sind Beispiele, wie Böhmen Italiener integrierte. Selbst Petrarca und Cola di Rienzi weilten unter Kaiser Karl IV. bereits in Prag.

In Prag wirkte und lebte seit 1697 auch einer der bekanntesten Architekten Böhmens: Giovanni Battista Alliprandi, von dem wir zwar wissen, dass er 1665 in Laino in Italien geboren wurde, aber von dem wir nicht das genaue Geburtsdatum kennen.

Sein Vater Lorenzo Alliprandi war Stuckateur in Wien, seine Frau war eine Barbara Cecilia Buzzi, die ihm sieben Kinder schenkte. Auch sein erster Meister, bei dem er in Wien in die Lehre ging, war Italiener, nämlich der Baumeister Domenico Martinelli. Durch Angaben in Klöster-, Kirchen- und Adelsarchiven können wir seinen Lebenslauf darstellen.

So arbeitete Alliprandi als Parlier bei dem Bau der Wallfahrtskirche im ostböhmischen Luže und wird in dieser Zeit zwischen 1690 und 1695 zweimal als Taufpate in den Kirchen-Matrikeln geführt. Später war er Hofarchitekt der Familie Czernin, für die er auch die Abschlussarbeiten am Prager Czernin-Palais plante. Auf der Prager Kleinseite gestaltete er das Kaiserstein-Palais, das Lobkowitz-Palais und das Hartig-Palais, dazu die Mariensäule und das Sternberg-Palais am Hradschin.

In Engelshaus stammt die Dreifaltigkeitskirche von ihm, in Eger der Entwurf für das Rathaus, in Kuks die Dreifaltigkeitskirche und das Klostergebäude der Barmherzigen Brüder, in Leitomischl die Piaristen-Kreuzkirche. Weitere Werke schuf und plante er in Beneschau, Opotschno, Lieblitz und Petersburg, wo er das Schloss umbaute. Ausführliche Verzeichnisse seines Schaffens bietet das AKL, das Allgemeine Künstlerlexikon in Band 2 (1996) und das von Ulrich Thieme und Felix Becker herausgegebenen Allgemeine Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart (1907).

Seit 1697 lebte Alliprendi ständig in Prag, wo er das Bürgerrecht auf der Kleinseite erwarb und sich in der heutigen Neruda-Straße ein Haus baute. Er war zeitweise „oberster kaiserlicher Fortifikationsmeister“ der Prager Burg, Hausarchitekt der Grafen Trautmannsdorff und 1712 auch Fortifikationsobermeister in Eger.

Am 13. März 1720 starb er in Leitomischl, wo er auch begraben liegt. Dass er mit seiner italienischen Heimat verbunden geblieben war, ersehen wir daraus, dass seine Witwe mit fünf Kindern nach Laino zurückkehrte.

Rudolf Grulich

 

 

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