Gespeichert von Nechvatal am Do., 09.07.2015 - 08:37

Worte und Taten von Manfred Maurer UNBESTRITTEN ist viel in Bewegung geraten in der Tschechischen Republik. Nach Brünn gedachte auch Prerau der Opfer, die vor 70 Jahren in dieser mittel­mährischen Stadt ermordet wurden, weil sie Deutsche waren. Vielleicht kommt man sogar in Aussig noch darauf, daß es klug wäre, es den Brünnern und Prerauern gleichzutun. Allerdings: An der Elbe ist es noch schwieriger, sich glaubwürdig von den Nachkriegs­verbrechern zu distanzieren. Denn dies setzte wohl voraus, die Brücke, von der Ende Juli 1945 die Unglücklichen in den Tod gestoßen wurden, umzubenennen. Die trägt nämlich den Namen des ober­sten Rädelsführers: Edvard Beneš.

WIE AUCH IMMER. Die Stimmung gegenüber den Sudetendeutschen in Tschechien hat sich entspannt. Das liegt zum einen sicher daran, daß auch in Tschechien der Einfluß der Erlebnis­generation schwindet. Die Nachfahren der Täter können sich aus der Distanz der historischen Wahrheit leichter stel­len und laufen dabei auch nicht Gefahr, sich selbst unangenehme Fragen nach dem eigenen Tun oder Unterlassen stellen zu müssen.

DIE ENTSPANNUNG ist aber sicher auch ein Verdienst der Sudetendeut­schen Landsmannschaft. Das muß man bei aller Kritik, die Bernd Posselt & Co. in diesen Wochen entgegenschlägt, einräumen. Ihr konsequenter Kuschel­kurs trägt insofern Früchte, als die Su­detendeutschen nicht mehr als sture Streitpartei wahrgenommen werden, die ihre Rechte nicht aufzugeben bereit ist, sondern als handzahme Versöh­nungspartner, die zwar weiter ein star­kes emotionales Bedürfnis nach Aner­kennung ihres Leidens haben, aber keine alten Rechnungen mehr aufma­chen.

SO MAG MAN sie, die Sudetendeut­schen. Die geben sich zufrieden mit ein paar gefühlvollen Worten des Bedau­erns und freuen sich, wenn man sie als offizielle Gäste in Prag, Brünn oder sonstwo hofiert. Sogar ihr Pfingstreffen, das vor einigen Jahren noch bitterböse Kommentare tschechischer Politiker ausgelöst hatte, könnten sie in Tsche­chien abhalten.

ALLES WIRD ALSO GUT, wenn die „Störenfriede" nicht viel zu sagen ha­ben. Man beschenkt einander mit Wort­hülsen voller Nettigkeiten, beschwört die historische, nur durch ein kleines Vertreibungsdetail der Geschichte ge­trübte Verbundenheit - und alle haben sich lieb. Was will man eigentlich mehr? Ist das nicht schon viel mehr als vor ein paar Jahren überhaupt erreichbar schien? Was soll schlecht sein an freundschaftlichen Beziehungen zwi­schen einstigen Erzfeinden?

JA, ES IST GUT, daß sich das sude­tendeutsch-tschechische Klima derma­ßen entspannt hat. Und es ist ein Ver­dienst, das niemand Bernd Posselt streitig machen wird können.

DOCH ES MUSS auch gestattet sein, über den Preis dieses Klimawandels zu reden und ihn für überhöht zu halten. Denn die freundliche Atmosphäre, die unbestritten entstanden ist, wurde um den Preis der Verleugnung vieler Posi­tionen erkauft, welche die Sudetendeutschen und ihre Landsmannschaft Jahr­zehnte hindurch unbeirrt vertreten ha­ben, weil sie davon überzeugt waren, daß es rechtmäßige und unveräußerli­che Positionen sind.

Viele Sudetendeut­sche sind noch immer davon überzeugt, daß sich der wahre Wert der freundli­chen Worte erst an den Taten ermes­sen läßt, die ihnen folgen. Bislang war­ten wir freilich auf solche Taten. Und da reden wir noch gar nicht von der Restitu­tion, welche manche, aber eben nicht alle, von der Agenda der Landsmannschaft streichen wollen. Es geht um die logische Konsequenz aus dem Bedauern und Be­trauern der Opfer des Kollektivschuldprinzips.

Der tschechische Staat müßte sich endlich dazu durchringen, diese Men­schen zu rehabilitieren. Und das wiederum geht nur. indem jene Benes-Dekrete, die die Sudetendeutschen (und Magyaren) betreffen, in aller Form mit einem vom Par­lament beschlossenen Rechtsakt aufgeho­ben und nicht bloß von Juristen oder Politi­kern unverbindlich für unwirksam oder er­loschen erklärt werden.

ANSTATT ÜBER DIE - noch gar nicht rechtsgültige - Satzungsänderung der SL zu jubeln, sollten sich tschechische Politi­ker den Kopf darüber zerbrechen, wie sie durch konkrete Taten den Kritikern ihres Versöhnungspartners Posselt Wind aus den Segeln nehmen.

Dieser Kommentar von Manfred Maurer erschien in der Sudetenpost Folge 7 vom 2.Juli 2015. Sie können die Sudetenpost – die monatlich erscheint – im Inland um € 32,--, in Deutschland und im EU-Raum um € 38,-- und in Übersee um € 60,-- beziehen. Abo bei office@sudeten.at bestellen.

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