Nachruf an eine „unbekannte Südmährerin“
N.N., geborene N. kam 1916 in Pratsch/Kreis Znaim in Südmähren auf die Welt. Sie wuchs in einer bäuerlich geprägten Familie und Dorfgemeinschaft auf, was sie bis zu ihrem Ende schätzte und in gutem Angedenken bewahrte.
Aus der im Jahre 1933 mit dem Sattler N.N. geschlossenen Ehe gingen vier Kinder hervor. Das junge Familienglück wurde aber durch Krieg und Vertreibung je unterbrochen: Während N.N. in Krieg und Gefangenschaft noch um sein Überleben kämpfte, mußte seine Frau Enteignung, Flucht und Vertreibung mit ihren kleinen Kindern ertragen, ohne jemals einem Menschen Leid zugefügt zu haben. Und das alles aufgrund der verbrecherischen Beneš-Dekrete, die bis heute Gültigkeit haben.
Die Flucht nach Österreich war schwierig und gefährlich, doch fand die Familie N. schließlich in Hollabrunn ein neues Zuhause und wurde von den ortsansässigen Familien gut aufgenommen. Nach wenigen Jahren starb N.N. und so stand seine Frau wieder alleine da.
Anfang der 50er Jahre übersiedelte Familie N. nach Mödling, wo mittlerweile ein Großteil ihrer elterlichen Familie N. wohnte. Im gemeinsamen Haus in der Badstraße kümmerte sie sich um Haushalt und Garten, pflegte ihren Vater und zwei ihrer Geschwister bis zu deren Ende.
Daneben war sie sich für keine Arbeit zu schade: Vom Verkauf von Blumen und Obst, über Arbeiten in den Mödlinger Weingärten bis hin zu Reinigungs- und Zuträgerdiensten für die stets wachsende Zahl ihrer Mödlinger Bekannten – sie erfreute sich vor allem am Kontakt mit Menschen.
Bis ins hohe Alter war N.N. mit dem Fahrrad unterwegs und besuchte Bekannte und Familienmitglieder in der Umgebung. Auch zu entfernten Verwandten und Freunden aus ihrer alten Heimat hielt sie bis in ihre letzten Tage brieflich und telefonisch Kontakt.
Noch 2014 besuchte sie ihren bei München lebenden Bruder, auch der Besuch von sudetendeutschen Veranstaltungen und Vertriebenentreffen standen bis in die letzten Jahre immer wieder auf dem Programm.
Natürlich freute sich N.N. auch immer über Besuch, der niemals hungrig nach Hause gehen durfte. Bis zuletzt versammelten sich bei ihr zu den Weihnachtsfeiertagen Kinder, Schwiegerkinder, Enkel, Nichten und Neffen zur meist sehr üppigen Jause.
Für ihre Familie war sie immer da und unterstützte diese tatkräftig, sie selbst übte sich in Bescheidenheit: Die Schönheit des Morgenrots, die ersten Schneeglöckchen, die zarten Blütenknospen der Ziermandel, der Gesang einer Amsel im Garten – all das bereitete ihr bis zuletzt Freude.
Im März 2015 schloss N.N. für immer die Augen.